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Auf
unserer Seite A) Die SAAR und Olympia 1948 - 1956 erfahren Sie, in welcher Weise sich das kleine Saarland
an den drei Olympischen Spielen beteiligte, die in die Zeit seiner
Autonomie fielen (1948 in Rom, 1952 in Helsinki und 1956 in Melbourne).
Auf
dieser Seite finden Sie hier unten alles Wissenswerte über die
Teilnahme der Saar-Mannschaft an den Spielen von 1952 in Helsinki.
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Am 15. Mai 1950 entschied das
IOC in Kopenhagen, das Saarland als eine "selbstständige olympische Nation" anzuerkennen. Am 20. Juni 1950 wurde das nationale Olympische Komitee des Saarländes (OKS) unter Vorsitz von Justiz- und Kultusminister Erwin
Müller gegründet, und wenige Tage später begannen die
organisatorischen und sportlichen Vorbereitungen an der Saar.
Am
5. Juli 1951 erhielt das Saarland die offizielle schriftliche Einladung
zur Teilnahme an den XV. Olympischen Sommerspielen. Diese wurden vom
19. Juli bis zum 3. August 1952 in der
finnischen Hauptstadt Helsinki ausgetragen. Knapp 5000 Athleten aus 69
Nationen nahmen daran teil - das waren Rekordzahlen für die damalige
Zeit.
Die stärksten Teams kamen aus
Sowjetrussland den USA, aber auch Deutschland
gehörte mit 200 Sportlern zu den zahlenmäßig größten
Teilnehmer-Ländern. Die deutsche Mannschaft bestand nur aus
westdeutschen Sportlern, da sich die beiden deutschen Olympischen
Komitees nach dem IOC-Beschluss, nur eine deutsche Mannschaft
zuzulassen, nicht auf ein gemeinsames Team verständigen konnten.
Erst ab 1956 gab es
gesamtdeutsche Mannschaften. Ab 1968 traten die BRD und die DDR in zwei
getrennten Teams auf, und zwar bis einschließlich 1988, dem Jahr
vor der Wiedervereinigung.
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^ Diesen Aufnäher
trugen die Saar-Olympioniken (Sportler und Offizielle) in Helsinki. Das
gestickte Stoffwappen hatte die Maße 9x12 cm.
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Für die Olympiade in Helsinki
1952 stellte der saarländische Landtag großzügige Geldmittel bereit
und teilte dem IOC auf Anfrage mit, dass die Regierung des Saarlandes
die Finanzierung der Vorbereitung und Teilnahme der saarländischen
Athleten übernommen habe.
< Am 27. Mai 1951
fand im Stadttheater zu Saarbrücken eine "Verpflichtungsfeier" für die
Olympia-Kandidaten statt. - Zum Bild unten links: Der Saar-Olympia-Button
für
Offizielle - hier stark vergrößert; im Original unter 10 mm. - Bild unten rechts: Die Saar-Mannschaft im Olympischen Dorf in Helsinki. Die
Länderbezeichnung ist hier in Französisch, weil es die "Kanzleisprache"
des IOC ist; bei der Eröffnungsfeier wurde sie als "SAAR" angezeigt
(siehe auf den Bildern weiter unten!).
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Die saarländische
Olympiamannschaft bestand aus 37 Wettkämpfern, acht Trainern, einem
Sportarzt und zehn Offiziellen. Die Reise nach Helsinki nahm ihren Anfang mit einer herzlichen und eindrucksvollen Verabschiedung der Teilnehmer am Saarbrücker
Hauptbahnhof, fünf Tage
vor dem Beginn der Spiele, nämlich am 12. Juli 1952. Dabei wurde ihnen der Auftrag erteilt, den
saarländischen Sport in der Ferne würdig zu vertreten - obwohl niemand
im Ernst erwartete, dass die knapp 40 Sportler von der Saar im
Wettkampf mit den fast 5000 Besten der Welt eine Medaille erringen
könnten.
Mit dem Zug fuhren sie
zunächst nach Paris, und von dort ging es mit einem SAS-Flieger weiter
nach Helsinki. Hier wurden sie von dem Saarbrücker Karlheinz Bolay
empfangen, der Mitglied des finnischen Organisations- komitees war,
sowie von Sven Müntzel, dem Olympia- Attaché des Saarlandes, welcher in
Finnland lebte und sich während des gesamten Aufenthalts der Saarländer um deren Wohl kümmerte.
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Das Foto oben zeigt die
weiblichen Teilnehmer der saarländischen Olympiamannschaft: (v.l.n.r.)
Inge Glashörster, Inge Eckel, Ursula Finger (alle drei Leichtathletik),
Therese Zenz (Kanu), Hilde Antes (Leichtathletik) und die Betreuerein
Miele Bertram. Fotos:
Landesarchiv Sbr, Licht11+13
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So präsentierte sich die gesamte
saarländische Mannschaft im Olympischen Dorf den Fotografen:
Die
Geschichte von der vergessenen Saarfahne
Sämtliche
Nationalmannschaften wurden gleich bei ihrem Eintreffen in Helsinki
während einer Flaggenzeremonie im Olympischen Dorf willkommen geheißen.
Dabei wurde jeweils die Flagge des Herkunftslandes gehisst und
gleichzeitig die entsprechende Nationalhymne gespielt. Dem
saarländischen NOK war vor den Spielen vom Organisationskomitee in
Helsinki mitgeteilt worden, dass es nicht notwendig sei, eine Saarfahne
für die Eröffnungsfeier mitzubringen, denn eine solche sei dort bereits
vorhanden. Am 15. Juli 1952 traf die Delegation mit Erwin Müller und
Ludwig Zeitz an ihrer Spitze dort ein, zusammen mit elf anderen
Mannschaften.
Als bei der
Begrüßungszeremonie die Saar-Hymne gespielt wurde, erschien aber keine
Flagge an dem dafür vorgesehenen Mast: die Saarfahne fehlte! Die peinlichen Minuten wurden zwar geschickt
durch Ansprachen der Verantwortlichen überbrückt und das Versäumnis
wenige Stunden später durch das Hissen der wieder aufgetauchten Flagge
behoben, aber die Presse hatte ihr Thema: Die vergessene Saarfahne. Wie
es geschehen konnte, dass sie nicht zur rechten Zeit gehisst wwrden konnte, hat
man nie erfahren. In Saarbrücken löste der Vorfall Diskussionen darüber
aus, ob man sich dadurch in der Weltöffentlichkeit blamiert habe, und
ob das kleine Saarland dort als Olympianation nicht sogar fehl am Platze sei.
Foto rechts: Der
Bürgermeister von Helsinki begrüßt Minister Erwin Müller (links). (Foto: Informator-Verlag)
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Im
Februar 2010 erschien in der Saarbrücker Zeitung ein Comic Strip von Bernd Kissel über
dieses Thema der fehlenden Saarfahne in seiner damals wöchentlichen Serie "SaarlandAlbum".
Der
saarländische Zeichner hatte sich von unserer obigen Geschichte
inspirieren lassen und sie zeichnerisch umgesetzt. Mit seiner
freundlichen Genehmigung geben wir dieses Werk in voller Größe auf dieser Extraseite
wieder:
>Die vergessene
Saarfahne.
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Eröffnungsfeier:
"SAAR" vor "SAKSA" - das Saarland marschiert vor Deutschland ein
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Die Eröffnungsfeier am
19. Juli 1952 lockte über 75.000 Zuschauer an. Der Einmarsch der
Mannschaften fand unter strömendem Regen statt. Vor den einzelnen
Gruppen wurden Schilder mit den Ländernamen in finnischer Sprache und
in alphabetischer Reihenfolge getragen. "Deutschland" heißt auf
Finnisch "SAKSA" (Sachsenland), und so kam es, dass die Sportler der
"SAAR" vor der deutschen
Mannschaft ins Stadion marschierten. - Über diesen Umstand schreibt
Wolfgang Harres in seinem Buch: "Keine andere Regie hätte die
Trennung schonungsloser inszenieren können. Es wird Flagge gezeigt -
hier blau-weiß-rot, dort schwarz-rot-gold; die geschichtliche Farben-
Symbolik unterstreicht den Abstand." Harres bezeichnet den
Auftritt der Saar-Mannschaft bei dieser Eröffnungsfeier als den "Höhepunkt
der politischen Manifestation saarländischer Autonomie vor der
Weltöffentlichkeit". [1]
Farbfoto: Informator-Verlag
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[1]
Wolfgang Harres. "Sportpolitik an der
Saar 1945-1957". Saarbrücken 1997, Seite 160
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Die Fotos zeigen den
Einmarsch der Nationen: Die Saarländer (mit dem Länderschild "SAAR")
ziehen vor der deutschen Mannschaft (mit dem (Länderschild "SAKSA" -
siehe jeweils ganz hinten rechts) durch den Olympiapark (linkes Bild)
und bis zum Olympiastadion (siehe Bild rechts und Bild unten).
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Zwischen der schwedischen
Mannschaft ("RUOTSI", dritte von links) und derjenigen von Deutschland (ganz rechts)
stehen die Saar-Athleten. An ihrer Spitze sieht man den Weitspringer Toni
Breder aus Saarlouis mit der Saarfahne, dann folgen
Generalsekretär Werner Beermann und die Trainer Ziegler, Marschollek und Nispel,
dahinter kommen die fünf weiblichen Teilnehmerinnen von der Saar, unter
ihnen die Kanutin Therese Zenz
aus Mettlach, und schließlich folgen die Ruderer, Turner, Fechter,
Kanuten, Ringer, Boxer, Leichtathleten,
Schützen und der einzige Schwimmer.
Nach dem Einmarsch der
Sportler erklärte Finnlands Staatspräsident Paasaviki die Spiele für
eröffnet, und der finnische Läufer Paovo Nurmi (siehe
Bilder ganz unten!) trug die olympische Fackel ins Stadion, mit der
das olympische Feuer entzündet wurde [1]. Foto:
Erwin Weber, Turnarchiv Braunshausen
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[1] siehe auch (unterhalb
der folgenden Ergebnisse) den Abschnitt a) "Das Olympische Feuer reiste in einer saarländischen
Grubenlampe"
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Die
sportlichen
Ergebnisse der saarländischen Olympiamannschaft
Die 37 Wettkämpfer aus dem
Saarland traten in insgesamt neun
olympischen Disziplinen an. (Alle Fotos dieser Rubrik: Informator-Verlag
Frankfurt)
Die Ruderer Klaus Hahn und Herbert Kesel im
"Zweier ohne"
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Die Ruderer
Klaus
Hahn und Herbert Kesel
hatten im "Zweier ohne" großes Pech: Sie lagen im Hoffnungslauf um
ganze zwei Bootslängen vor den USA und Polen, als sie wegen einer
Kreislaufstörung des
Schlagmanns Klaus Hahn aufgeben mussten. -- Der saarländische Meister-Skuller Günther
Schütt (siehe Foto
rechts) erreichte einen ganz hervorragenden siebten Platz und wurde
von der Fachpresse sehr gelobt. Der "Vierer
ohne" mit Werner Biehl, Hans Peters, Hans und Jochen
Krause-Wichmann wurde im Vorlauf mit 6:40,8 min. Sieger im
Rennen, und zum ersten Mal in der Geschichte zeigte eine
Olympia-Anzeigetafel an erster Stelle den Namen "SAAR". Im ersten
Zwischenlauf wurden die vier Dritte hinter den Amerikanern und den
Jugoslawen, und in ihrem letzten Rennen fehlte ihnen eine Portion
Glück: Sie wurden von den Polen geschlagen und kamen nur auf Platz 7.
Die Kanuten Heinrich Heß und Kurt Zimmer (Bild links) belegten im 10.000-m-Rennen den 12. Platz (bei 24
Teil-nehmern) und kamen am darauf folgenden Tag auf der 1.000-m-Strecke
auf den 13. Platz.
Die 19jährige
Mettlacherin ---> Therese Zenz wurde im 500-m-Vorlauf auf der für sie
ungewohnten offenen Ostsee Zweite
hinter der Deutschen Josefa Köster, im Endlauf fiel sie aber wegen
einer Querwelle 50 Meter vor dem Ziel von der 5. Position auf den
neunten und damit letzten Platz zurück. (Später hatte sie mehr
Glück: 1954 wurde sie Weltmeisterin
und 1956 gewann sie in Melbourne eine Silbermedaille; siehe auf der Seite Olympia 1 im Abschnitt 3) Melbourne unter
Ziffer 1).
[Therese Zenz verstarb am
22.10.2019.]
Die Turner (Foto links) kamen im Zwölfkampf mit 482 Punkten auf Platz 22 in der
Länderwertung.
Toni Breder
Die
Leichtathleten landeten insgesamt auf dem 25. Platz. Bei der 4x100-m-Staffel erkämpften sich die Frauen einen hervorragenden 7. Platz. Im Weitsprung war der Saarlouiser Toni Breder
(Foto) leider schon in der Qualifikation ausgeschieden, weil er (wie
die Hälfte aller angetretenen Springer) die 7,20 Meter nicht schaffte.
Ein ähnliches Schicksal ereilte Ursula Finger, welche die geforderten 5,30 m um ganze drei
Zentimeter verpasste. Der Dreispringer Willi Burgard
kam auch nicht in die Endkämpfe, weil er entweder zu kurz sprang oder
bei den besseren Sprüngen übergetreten war.
Die Florettfechter
schieden bei den Einzelkämpfen aus, die beiden Länderkämpfe gegen
Ungarn und Belgien verloren sie, gegen Belgien immerhin nur mit 3:9. Im
Säbelkampf gewannen Karl Bach, Ernst Rau und Günter Knödler ihre ersten Kämpfe, schieden dann aber aus, weil die
Konkurrenz für unsere jungen Sportler zu stark war.
Der Homburger Schütze
Ludwig
Gräf (Bild li. unten) schoss
391 Ringe, was aber nur für den 40. Platz reichte. Der Quierschieder Hans Eschenbrenner kam mit 384 Ringen nur auf den 52. Platz, weil
er Probleme mit der Abzugsfeder seines Gewehrs hatte.
Die Boxer Helmut Hoffmann, Willi Rammo und Kurt Schirra waren ihren Gegnern
unterlegen, aber sie schlugen sich trotzdem tapfer. Schirra verpasste nur knapp den 8. Platz im Federgewicht.
Die Boxer Helmut Hofmann
und Willi Rammo
Der einzige Schwimmer in unserer Saar-Mannschaft war Georg Mascetti, aber er war beim 400-m-Kraul-Schwimmen in einer
so schlechten Form, dass er auf ein weiteres Antreten verzichtete.
Im griechisch-römischen Ringkampf (Trainer Fr. Bräun) erreichte der Fürstenhausener Erich Schmitt im Weltergewicht Platz 7, Norbert Kohler aus
Gersweiler wurde Achter, Werner Zimmer
aus Riegelsberg (Fliegengewicht) schied recht früh aus, weil er das
Pech hatte, von Anfang an auf die besten Leute seiner Klasse zu
treffen. Mehr Pech hatte Ferdinand Philippi: Er erkrankte in Helsinki an einer Lungenentzündung und
konnte deshalb nicht antreten. Man kann trotzdem sagen, dass sich
unsere Ringer (s. hier unten!) mit Bravour geschlagen haben.
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Im Kanu: Zimmer
und Heß ergatterten Platz 12 (10 km) und 13 (1000 m).
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Die Turner (v.l.n.r.) Norbert
Dietrich, Heinz Ostheimer, Alfred Wiedersporn, Rolf Lauer, Arthur
Schmidt und Walter
Müller.
Weitere Fotos von der
Turn-Mannschaft: ganz unten auf dieser Seite!
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oben: Die Florettfechter - v.l.n.r.: Walter Brödel, Günter Knödler,
Trainer Zircy, Willi
Rössler, Karl Bach und Ernst
Rau
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Der Schütze Ludwig
Gräf schoss sich auf den 40. Platz.
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Fotos links: Norbert Kohler (Gersweiler), Erich Schmidt
(Fürstenhausen), Ferdinand
Philippi
(Heusweiler) und Werner Zimmer (Riegelsberg).
Foto
rechts von 1952):
E.
Schmidt, F. Philippi,
N.
Kohler und W. Zimmer
Das Farbfoto unten zeigt Werner Zimmer
2009; links daneben derselbe 1952.
Er ist im April 2019
verstorben.
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Fazit: Man
kann von der gesamten
Saar-Mannschaft sagen, dass sie
sich äußerst wacker geschlagen hat. Es reichte zwar (wie erwartet)
nicht für eine Medaille, aber sie erkämpfte sich in den meisten
Disziplinen wirklich achtbare Ergebnisse - wenn man bedenkt, dass sie
als Zwerg gegen den Rest der Welt angetreten war! Die Tatsache, dass
sie unter 69 teilnehmenden Nationen in einigen Disziplinen mittlere bis
gute Plätze erreichte, darf sicherlich als ein großer Erfolg gewertet
werden. Leider hatten einige unserer Sportler riesiges Pech, sonst
hätte es womöglich doch noch eine Medaille gegeben...
Liste der bestplazierten Saarländer:
Rudern: Einer: Günther Schütt: Platz 7
Vierer
ohne Steuermann: Platz 7
Leichtathletik
(4x100m
Staffel Frauen): Platz 7
Ringen (Weltergewicht) Erich Schmidt: Platz 6
(Bantamgewicht)
Norbert
Kohler: Platz 9
Kanufahren (500 m) Therese Zenz: Platz 9
(10.000
m) Heß & Zimmer: Platz 12
Turnen: insgesamt Platz 22
Leichtathletik
(Gesamtwertung):
Platz 25
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Das Foto oben
zeigt einige unserer Teilnehmer bei der Olympiade in
Helsinki. Die Sportler und die Offiziellen tragen dunkle Jacken, auf
der Brusttasche ist das Saar-Wappen aufgenäht (ohne Brücke und mit dem Schriftzug "SAAR", siehe
Abbildung auf dieser Seite ganz oben), die Jugendlichen aus der
begleitenden Gruppe (siehe unten) tragen ihre helleren Anoraks mit dem
Wappen auf dem linken Ärmel (mit Brücke, aber ohne Schriftzug). (Foto: Informator-Verlag)
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Die saarländischen
Olympia-Teilnehmer wurden von den Finnen sehr gut aufgenommen, und es
wehte ihnen überall "eine freundliche und gut gemeinte Gastlichkeit
entgegen"*). Häufig wurde ihnen im Olympischen Dorf oder auf den
Straßen Helsinkis die Frage gestellt "Wer ist die Saar?" Sie gaben
natürlich gerne und bereitwillig Auskunft.
*) Dr. Eugen Wagner im
Sammelalbum über Olympia 1952, Band 2 - siehe ganz unten im
Literaturverzeichnis!
In Finnland
ist die Erinnerung an die Ereignisse von 1952 offensichtlich über die
Jahrzehnte hinweg wach geblieben. Im August 2008 - also 56 Jahre nach
Helsinki! - kam der Verfasser dieser Website auf einer Reise zum Nordkap in der schwedischen
Stadt Östersund mit einem jungen Studenten (Sebastian) ins Gespräch.
Erstaunlicherweise wusste er sofort, dass das Saarland einmal ein
eigenständiger Staat war und damals mit einer eigenen Mannschaft in
Helsinki angetreten ist. (R.Freyer)
Schon die Tatsache, dass das
kleine Saarland als selbstständige Olympia- Nation an den Spielen
teilnahm, war für die Saar-Verantwortlichen in jener Zeit eine hervorragende
Gelegenheit, der Weltöffentlichkeit die Autonomie des Landes und seine
Unabhängigkeit von Deutschland zu demonstrieren. Und es gelang ihnen
auch immer wieder, vorher und während der Spiele, durch geschickte
"Schachzüge" auf diese Tatsache aufmerksam zu machen.
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Hier zwei Beispiele dafür:
a) Das
Olympische Feuer reiste in einer saarländischen Grubenlampe
Der Generalsekretär des
saarländischen NOK, Werner Beermann, und der Olympia-Inspekteur Ludwig
Zeitz reisten Ende 1951 nach Helsinki, um an Ort und Stelle die
notwendigen Vorkehrungen und Entscheidungen zu treffen. Anlässlich
ihres Antrittsbesuchs beim Präsidenten des finnischen
Organisationskomitees Erik von Frenckell überreichten sie diesem eine
originale saarländische Grubenlampe aus dem Jahr 1910 als Gastgeschenk.
Sie trug ein Messingschild mit der Aufschrift: "Das Saarland grüßt
Helsinki - Olympisches Komitee des Saarlandes - Weihnachten 1951."
Zeitz verglich in einer
kleinen Ansprache den "hellen Schein des Grubenlichts" mit dem des
olympischen Feuers. Dadurch kam Frenckell auf die Idee, die
saarländische Grubenlampe für den Transport der olympischen Flamme auf
ihrem Weg im Flugzeug von Athen (bis dorthin sollte sie von Olympia aus
in einem Fackellauf gebracht werden) nach Aalborg in Dänemark zu
verwenden. Von hier aus würde sie dann in einem weiteren Fackellauf durch
Dänemark, Schweden und Finnland nach Helsinki gelangen. Frenckell war
froh, für dieses Problem endlich eine praktikable Lösung gefunden zu
haben, die auch noch einen willkommenen symbolischen Charakter hatte.
Er erbat zudem eine zweite Grubenlampe, um für alle Eventualitäten
gerüstet zu sein. Diese wurde ihm im Frühjahr 1952 durch den
saarländischen Olympia-Attaché Sven Müntzel in Helsinki übergeben (siehe
Foto oben). Später beschrieb das Organisationskomitee dieses
einmalige Ereignis in seinem Abschlussbericht folgendermaßen: "Die
Flamme reiste mit dem Flugzeug in einer Grubenlampe, die vom NOK des
Saarlandes eigens für diesen Zweck überreicht worden war." Heute ist
diese Lampe im Sportmuseum von Helsinki ausgestellt. (Foto: Wolfgang Harres.)
Bei den darauffolgenden
Spielen in Australien 1956 wurden die Saar-Grubenlampen erneut
zum Transport des olympischen Feuers in Flugzeugen verwendet. Auf ihrem
über 20.000 km langen Weg nach Melbourne legten sie Zwischenstopps in
Kalkutta, Bangkok, Singapur und Jakarta ein. Auch für die Reiterspiele,
die 1956 wegen der australischen Quarantänebestimmungen in Stockholm
stattfinden mussten, reiste das Feuer in den Saar-Lampen wieder nach
Schweden. (Siehe hierzu auch:
Zeitschrift philatelie. Ausgabe 410, August 2011. Seite 54)
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b)
Saarländische Jugendgruppe begleitete die Olympiamannschaft
Der deutsche Sportfunktionär
Carl Diems hatte die Idee, zusammen mit der deutschen Olympiamannschaft
auch eine Gruppe von Jugendlichen als "Schlachtenbummler" nach
Helsinki zu entsenden. Diesen Gedanken griffen auch die Saarländer
auf und stellten eine Gruppe von etwa neunzig ausgewählten Jugendlichen
zusammen, die die saarländische Olympiamannschaft begleiten sollten;
aus "organisatorischen Gründen" konnten dabei nur Jungen zugelassen
werden. Dieses einzigartige Erlebnis wurde ermöglicht durch die
Unterstützung der Regierung, der Régie des Mines und des
Landessportverbands.
Die Finnen boten den
jungen Saarländern an, ihre Gruppe in der Deutschen Schule von Helsinki
unterzubringen, in der auch das deutsche NOK einquartiert war. In
Saarbrücken war man zunächst skeptisch und hätte die Jugendlichen
lieber an einem "neutraleren" Ort gewusst. Aus praktischen Gründen
willigte man schließlich doch ein, ließ aber nichts darüber verlauten.
Erst durch die Presse erfuhr die Öffentlichkeit einige Tage später,
dass die saarländische Jugend zusammen mit dem deutschen NOK in der
Schule untergebracht war, die so zu einer "deutsch-saarländischen
Begegnungsstätte" wurde.
Am Samstag, dem 19. Juli 1952,
brachte das Motorschiff "Anna Salen" die Jugendlichen und ihre
Begleiter von Stockholm aus zum Südhafen von Helsinki. Am Heck des
Schiffes hatten sie einen großen dreieckigen Saarwimpel angebracht (siehe
Foto). Vom Hafen aus zogen sie dann in geschlossener Formation und unter
dem Beifall der Bevölkerung durch die finnische Hauptstadt zum
Olympiastadion, um dort an der Eröffnungsfeier teilzunehmen. Überall
wo sie auftauchten, fanden die Jugendlichen eine herzliche Aufnahme. So
erlebten sie unvergessliche Tage in Finnland.
Den jungen Begleitern der
saarländischen Olympia-Mannschaft war damals wahrscheinlich gar nicht
bewusst, dass ihre Entsendung auch ein politisches Ziel
hatte, nämlich die Demonstration
der Eigenstaatlichkeit ihres Landes. Dazu trugen u. a. die Aufnäher mit dem Saarwappen bei, die
auf die linken Ärmel ihrer einheitlichen grau-blauen Windjacken genäht
waren, und natürlich die Saarflagge, die sie bei ihrem Marsch durch die
Stadt vor sich hertrugen.
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Auch privat reisten einige Olympia-Freunde aus
dem Saarland und umliegenden Gemeinden nach Finnland. H.P.
Wehner-Wöllstein berichtet:
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Oswald Wehner und Hasso
Schmidt, zwei Freunde aus Hochstetten/Nahe, fuhren am 8. Juli 1952 als
Touristen und Zuschauer mit einem Motorrad (BMW 500) nach Helsinki.
Während der Olympiade campten sie im internationalen Jugendlager auf
der Insel Seurasaari. Nach den Spielen reisten sie nach Norden zum
Polarkreis, dann zurück nach Süden durch Schweden und kamen um den 29.
August 1952 wieder nach Hause. Sie brachten u.a. diese Fotos vom
Einmarsch der Nationen in Helsinki mit.
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Die beiden Bilder zeigen die saarländische Mannschaft bei ihrem
Einzug ins Olympiastadium am 19. Juli 1952. (Fotos: H.P. Wehner-Wöllstein)
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Die von der Saar-Post
herausgegebenen
Sondermarken zur Olympiade in Helsinki:
Die beiden Werte wurden von
der Staatsdruckerei Paris in Bogen zu 25 Marken gedruckt.
Die Größe der Marken betrug jeweils 20 x
16 mm, Zähnung K13. Ersttag: 29. März 1952
Wert 15 + 5 Fr.: Auflage
350.000 Stück. Entwurf Franz Tschersovsky, Altenkessel. Stich: J. Piel,
Paris
Wert 30 + 5 Fr.: Auflage
300.000 Stück. Entwurf H. Blum, Jägersburg. Stich: Gandon
(Mehr über alle saarländischen Briefmarken von 1947 bis 1959 finden Sie auf unserer Seite Saar-Briefmarken.)
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Es folgt eine karikaturistische Nachbetrachtung zur Saarbeteiligung an den
Spielen in Helsinki aus dem Tintenfisch vom Juli 1952:
Zum Bild unten links: Ein Foto des
hier gezeichneten Ruderers Günther Schütt können Sie weiter oben im ersten Bild bei den
sportlichen Ergebnissen der Saar-Olympioniken sehen.
Zum Bild unten rechts: Charly Scholz war einer der Sportreporter, die die Spiele aus Helsinki für
Radio Saarbrücken kommentierten. Er wurde in seinen Reportagen manchmal
recht laut - deshalb die Bezeichnung "Revolver-Schniß" im Bildtext (mehr zu Charly Scholz sehen Sie auf unserer Seite
Reporter & Ü-Wagen). - Abbildung
der Karikaturen mit frdl. Genehmigung der Rechte-Inhaber Bob Strauch
und Roland Stigulinsky
Das Olympiastadion von Helsinki einst und heute:
1952:
2008:
2008:
1952:
2008:
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Vor dem Olympiastadion steht
seit 1925 eine
Skulptur des
"Fliegenden Finnen" Paavo
Nurmi, die von dem finnischen
Künstler Wäinö Aaltonen geschaffen
wurde.
Der 1897 geborene Läufer
Nurmi gewann bei den Olympischen Spielen von 1920, 1924 und 1928 insgesamt 9 Gold- und 3 Silbermedaillen
und stellte (in den Jahren 1921 bis 1931) 22 Weltrekorde auf. 1952
entfachte er in Helsinki die Olympische Flamme. Er starb 1973.
Fotos von 1952: Informator-Verlag, Frankfurt
Fotos von 2008: Rainer Freyer bei einem Besuch in Heklsinki
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Mitglieder der
saarländischen Olympia-Mannschaft
a)
Sportler aus Völklingen
Diese drei Völklinger
Sportler nahmen innerhalb der Saar- Mannschaft an den Spielen in
Helsinki teil:
Erich Schmidt, Ringer (vom KSV
Fürstenhausen), Kurt Schirra, Boxer, und Günter Knödler, Florettfechter,
beide vom TVV 1878.
Sie wurden bei ihrer Rückkehr
aus Helsinki auf dem Völklinger Marktplatz von Bürgermeister Trenz
geehrt.
Foto: Heimatkundlicher
Verein Warndt e.V.VW)
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b) Die Mitglieder der
Turner-Riege
Die saarländische
Turnmannschaft für Helsinki wurde von
Kurt Marschollek trainiert.
Minister Erwin Müller hatte ihn in Florenz bei einem großen Schauturnen
verschiedener europäischer Mannschaften gesehen und für diese Aufgabe
ins Saarland geholt. Dort hat er sich nebenbei in Turnvereinen
verschiedener Orte um Völklingen herum für die Förderung des Geräte-
und Kunstturnens eingesetzt. Außerdem hat er das Volleyballspiel im
Saarland eingeführt. Nach der Olympiade war er beim TV St. Ingbert und
in dortigen Schulen als Sport- und Turnlehrer tätig.
Die
nachfolgenden Bilder stammen aus einem kleinen privaten Fotoalbum, das
die saarländische Turner-Mannschaft ihrem Trainer Kurt Marschollek zur
Erinnerung an die Olympischen Spiele in Helsinki schenkte. Sein Sohn
Detlef hat uns das Album für die Abbildung auf dieser Website
freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Ein weiteres Foto der
Turnmannschaft ist weiter oben bei den sportlichen Ergebnissen unserer
Olympiamannschaft zu sehen. Wie
dort bereits erwähnt, kamen die Turner im Zwölfkampf mit 482 Punkten
auf Platz 22 in der Länderwertung. (Alle Fotos: Nachlass Kurt Marschollek)
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Bild oben: Heinz Ostheimer (li.) bei der Rückkehr aus
Helsinki am Bahnhof Bexbach, mit d.Vorstand des TV Bexbach und
Bürgermeister Nesseler (re.).
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Bild links: Die Turn-Mannschaft: Norbert Dietrich, Heinz Ostheimer, Alfred
Wiedersporn, Walter Müller, Arthur Schmitt, Rolf Lauer.
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Die saarländische Turn-Mannschaft in
Helsinki. Von links nach rechts:
Arthur Schmitt,
Norbert Dietrich,
Alfred (Fredi)
Wiedersporn,
Heinz Niergard,
Kurt Marschollek (Trainer),
Rolf Lauer,
Walter Müller,
Heinz Ostheimer,
Erwin Weber (Leiter einer Jugendgruppe
der Turner).
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Die Turn-Mannschaft mit
Kurt Marschollek (3. von rechts, mit Brille) und einem Teilnehmer aus
Portugal.
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Heinz Ostheimer, Norbert
Dietrich und Walter Müller (alle drei mit Hut), zusammen mit russischen Kollegen
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In dem folgenden Artikel aus der
Saarbrücker Zeitung vom Mai oder Juni 1952 finden Sie zahlreiche weitere interessante Einzelheiten über die
Vorbereitung der saarländischen Olympia-Teilnahme an den Spielen in
Helsinki.
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Literaturangaben
und Bildnachweise:
Verschiedene Informationen zu
diesem Kapitel stammen aus folgenden Büchern:
- Wolfgang
Harres, Bübingen; "Sportpolitik an der Saar 1945-1957", Saarbrücken 1997.
Diejenigen
Fotos auf dieser Seite, bei denen keine eigene Quellenangabe vermerkt
ist, wurden mit freundlicher Genehmigung des Buchautors aus diesem Werk
entnommen.
- Volker Bernardi, Martina
Fischer, Peter Meyer, "Olympische Geschichte des Saarlandes", Union Stiftung, Malstatter Beiträge;
Gollenstein, Blieskastel 2004
-
Sammelalbum "Olympia 1952", Band 2, Informator-Verlag Frankfurt 1952 >>>
Aus diesem
Werk stammen die mit "Informator-Verlag" gekennzeichneten Fotos.
Diese Seite wurde
begonnen am 6.8.2008 und zuletzt bearbeitet am 11.1.2021
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