Nach dem Ende des 2. Weltkriegs hatten die Franzosen zwar klare Vorstellungen, was mit den Saargruben geschehen und dass eine Zoll- und Währungsunion des Saarlandes mit Frankreich errichtet werden sollte, aber einen Masterplan für den wirtschaftlichen Anschluss hatten sie nicht. Allerdings wollten sie auf jeden Fall verhindern, dass Verbrauchsgüter im Saarland wieder
- wie im damaligen Saargebiet zwischen 1925 und 1935 - massiv unterschiedlich zu Frankreich besteuert würden und damit erheblich voneinander abweichende Preise entstünden.
Dies war eine fatale Konsequenz des Versailler Vertrages von 1919 gewesen, in welchem festgeschrieben war, dass das im Saarbecken am 11. November 1918 bestehende Steuersystem weiterhin erhalten bleiben sollte. Aufgrund der kaum
kontrollierten Grenze zu Frankreich und der dort höheren Preise entwickelte
sich während der Völkerbundzeit ein
reger Schmuggel, insbesondere von Tabakwaren. Tabakerzeugnisse sind bis heute
für Schmuggler attraktiv, denn sie sind begehrt, klein, leicht und
aufgrund der hohen Besteuerung vergleichsweise wertvoll.
Gouverneur Grandval mit seinem wirtschaftlichen Sachverstand beschloss, durch eine Anzahl von Erlassen im Laufe des Jahres 1947 eine ähnliche
Entwicklung zu verhindern. Ziel war eine Angleichung des saarländischen an das
französische Preisniveau. Er ließ deutsche Steuern, wie etwa Zuckersteuer, Sektsteuer oder Biersteuer, und sogar die Vergnügungssteuer abschaffen. Das Branntweinmonopol fiel, allerdings kam stattdessen eine umfangreiche
Wirtschaftsordnung für Alkohol, für deren Überwachung ein eigenes „Alkoholamt“ bei der Finanzverwaltung eingerichtet wurde. Neue Steuern, wie etwa eine Fahrradsteuer, wurden
nach französischem Muster eingeführt.
Per Verfügung Nr. 47-55 schuf man getreu dem französischen
Vorbild ein saarländisches Tabak- und Zündwarenmonopol (Amtsblatt des
Saarlandes Nr. 60-1947 vom 20. November). In dieser Verfügung wurde der landwirtschaftliche Anbau
von Tabak im Saarland kurzerhand verboten. Tabak durfte ausschließlich von der französischen Tabakregie bezogen werden, die über 25 eigene Fabriken verfügte.
Im April 1948 wurde die Gründung einer „Saarländischen Tabak- und
Zündwarenregie“ als Teil der Finanzverwaltung verkündet. Sie war zuständig für die Versorgung der Herstellerfabriken mit dem Rohtabak aus Frankreich, die Kontrolle ihrer Betriebe, die
Verteilung der Monopolerzeugnisse und die erforderlichen Buchführungs- und
Rechnungsangelegenheiten. Die Zentralverwaltung war in Saarbrücken am Kohlweg
in einer ehemaligen Jugendherberge angesiedelt. Sie organisierte die Versorgung der saarlandweiten Verkaufsstellen
über sieben „Großverteiler“.
Die „Saarländische Tabakregie" produzierte aber selbst keine Tabakwaren. Sie erteilte Konzessionen an ausgewählte Herstellerfirmen, die fortan
in ihrem Lohnauftrag arbeiteten. Sie bestimmte auch die Fabrik- preise, die Margen im Groß- und Einzelhandel und damit die Preise für die rauchenden Endverbraucher.
Eine Einführung des „Bar-Tabac"-Systems nach französischem Muster fand im Saarland nicht statt. Der Verkauf an die Endverbraucher war ca. 700 sogenannten "Tabakfachgeschäften“
und "Kleinverteilern" vorbehalten. Nahezu 400 Kriegswitwen und Kriegsversehrte erhielten eine Konzession für den Tabakwarenverkauf. Das Fachgeschäft- Konzept war für die
Inhaber meist aber nur in den Stadtzentren auskömmlich. In den Vororten und auf dem
Land betrieben die Tabakwaren-Einzelhändler häufig zusätzlich die Toto-Annahme
und den Zeitschriftenverkauf. Sonstige Geschäfte und
Gaststätten erhielten nur in Ausnahmefällen eine Tabak-Konzession. Den Gaststätten war der "Verkauf über die Straße" untersagt. Wurden den Gästen Tabakawaren im Lokal am Tisch ausgehändigt, durfte man einen Zuschlag von 10 % auf den Verkaufspreis erheben.
Die sicheren Einnahmen aus dem Tabakgeschäft lagen der jungen Regierung des Saarlandes offensichtlich sehr am Herzen. Ihr Regierungschef war selbst passionierter Raucher (siehe Bild ganz oben rechts im Titel dieser Seite). Tabakwaren wurden mit der Einführung des Franc am 20. November 1947 wieder ohne Bezugsberechtigung erhältlich.
Dies dokumentiert die oben abgebildete Raucherkarte: Die beiden Monatsabschnitte für November und Dezember 1947 sind noch heute unberührt, denn da wurden sie zum Kauf von Tabakwaren nicht mehr gebraucht.
Bekannte Tabakwaren- und Zigaretten-Fabriken waren Fuchs in
Merzig (Rothfüchsel), Eilebrecht in Homburg (Bali), Polo in Merzig (Pilot),
Toppenthal /Jyldis in Saarlouis (Lasso, Sultan, Halbe Fünf), Wezet in Saarbrücken (La Habanera) (siehe auch hier!).
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1959 gab es im Saarland 14 Zigarettenmarken, drei davon wurden mit oder ohne Filter angeboten, sodass man zwischen insgesamt 17 Sorten wählen konnte. Zusammen mit weiteren Herstellern, hauptsächlich von Zigarren, Stumpen und Kautabaken, umfasste die Saarländische Tabakregie 16 verschiedene Herstellungsbetriebe.
Zigaretten machten 80% des Tabakwaren-Umsatzes aus. Der Verkaufspreis für 20 Stück wurde 1947 auf 38 frs. festgesetzt. Für eine Zigarre musste man je nach Qualität zwischen 8 und 30 frs.
bezahlen. Zigarren spielten anfangs eine eher untergeordnete Rolle, weil von der französischen Tabakregie aus Mangel an Devisen keine hochwertigen Tabake zu ihrer Herstellung importiert werden konnten. In den folgenden Jahren wurden die Preise für Tabakwaren fortlaufend erhöht.
Ein interessanter Aspekt war der Umgang der Tabakregie mit
dem Thema Werbung. In der Praxis arbeiteten die Tabakfabriken nicht wirklich im
Lohnauftrag, sondern sie lieferten ihre Erzeugnisse zu Herstellkosten an die Tabakregie ab. Werbung hätte die Herstellkosten jedoch erhöht, woran dieTabakregie naturgemäß kein Interesse haben konnte. Außerdem war das Saarland
ein geschlossener kleiner Markt, in welchem Werbung in erster Linie
Verdrängungseffekte bei den Fabriken untereinander erzeugt hätte. Da eine
Regelung fehlte, hatte die Monopolverwaltung angeordnet, dass Werbung ihrer
Genehmigung bedarf. Diese wurde nur erteilt bei Einführung einer neuen Marke
und zur Stützung eines Herstellers, falls dessen Umsatz existenzbedrohend
rückläufig war.
Ausgenommen davon war lediglich Werbung im Schaufenster von
Fachgeschäften und Vertriebsstellen. Genehmigte Werbung war meist
Plakatwerbung. Reklame im Rundfunk, im Kino oder außen an öffentlichen
Verkehrsmitteln gab es nur in Ausnahmefällen.
Das Verbot des Tabakanbaus für den Eigenbedarf wurde kaumverfolgt. 15 Tabakpflanzen waren ohnehin gestattet. Ganz hartgesottene Raucher
mussten deshalb auf ihren „Gewwel“ nicht verzichten. So hieß der selbst
gezogene und unter dem Hausgiebel getrocknete Tabak. Ab 1953 wurde der landwirtschaftliche Tabakanbau wieder erlaubt.
Mit dem Tag X wurde die Uhr zurückgedreht. Das saarländische
Tabakmonopol schaffte man ab, das deutsche Branntweinmonopol führte man wieder ein. Gleichzeitig mit der Ankunft
der Kühlschränke wurden auch die
Sektsteuer, die Biersteuer und weitere traditionell deutsche Abgaben wieder
fällig.
Das Zündwarenmonopol erlosch in Deutschland 1983 nach 50-jähriger Laufzeit. In Frankreich wurde die SEITA (Société Nationale
d'Exploitation Industrielle des Tabacs et Allumettes) erst 1995 privatisiert.
Damit endeten dort sowohl Tabak- als auch Zündwaren- monopol. Als letztes danach
noch bestehendes Monopol innerhalb der EU darf das deutsche Branntweinmonopol
bis 2017 überleben.
Zündhölzer wurden von der Monopolgesellschaft „Saarländische Zündholzfabrik AG“ in Saarlouis-Fraulautern hergestellt und für drei Francs pro Schachtel
verkauft. Ihre Etiketten waren beliebte Werbeträger für saarländische Firmen und Produkte (siehe hierzu unsere Seite Die Saarländische Zündholzfabrik).
Bilder und weitere Informationen über die Zigaretten- und Tabakfabriken im Saarstaat und die von ihnen produzierten Marken finden Sie auf unserer Seite Tabak- und Zigarettenfabriken.
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